Bürgerschaftliches Engagement
In der Natur der Sache
Ohne ehrenamtliches und freiwilliges Engagement gäbe es keinen SKM. Der Fachverband ist von seiner Gründungsidee Anfang des 20. Jahrhunderts her ein Verband von sozial engagierten, ehrenamtlich Tätigen. Waren es anfangs nur Männer, so engagieren sich heute um die 7.000 Frauen und Männer im SKM.
Eine Erläuterung der Begriffe bürgerschaftliches, ehrenamtliches und freiwilliges Engagement und wie diese im SKM gelebt werden, zeigt die Arbeitshilfe „Die starke Kraft des Miteinanders“.
Ehrenamt: „Die SKM-Vereine sind verdammt nah dran“
In der Erzdiözese Freiburg und seinen SKM-Vereinen spielt das Ehrenamt in allen Arbeitsfeldern eine bedeutende Rolle, sei es für die Rechtliche Betreuung, die Strafgefangenenhilfe oder die Wohnungslosenhilfe. Ulrike Gödeke ist Geschäftsführerin des SKM Diözesanverein Freiburg. Wir haben sie gefragt, was der SKM in Freiburg tut, um das Ehrenamt attraktiv zu machen.
Wie stellte sich die Situation des Ehrenamtes im SKM-Diözesanverein Freiburg und seinem Ortsverein 2019 dar?
Ulrike Gödeke: Seit einigen Jahren schon wird es schwieriger, Ehrenamtliche zu finden. Unsere Vereine befinden sich in sehr unterschiedlichen Situationen – so sind zum Beispiel einige im ländlichen Raum angesiedelt, andere in einer Großstadt. Was alle vereint ist, dass Ehrenamtliche nicht mehr bei uns klingeln und sagen: „Hier bin ich!“. Deshalb beschäftigen wir uns schon seit einiger Zeit damit, wie wir Menschen für das Ehrenamt begeistern können. Auch die Rahmenbedingungen von ehrenamtlicher Arbeit sind sehr unterschiedlich: Rechtliche Betreuung zum Beispiel benötigt ein langfristig angelegtes Ehrenamt. Hier brauchen wir Menschen, die sich dauerhaft für etwas engagieren und für jemanden einsetzen möchten. Das ist nicht selbstverständlich. Wir finden relativ leicht Menschen, die sich für einzelne Projekte einsetzen, Stichwort „Kuchentheke“. Für ein langfristiges Engagement müssen wir die potentiellen Ehrenamtlichen anders ansprechen und für diese Arbeit begeistern.
Wie lautet Ihr Plan?
Ulrike Gödeke: Zuerst müssen wir uns fragen, wer die Menschen sind, die wir für die ehrenamtliche Arbeit gewinnen wollen? Wir haben viele langjährige, mittlerweile ältere Ehrenamtliche, die den Job irgendwann körperlich nicht mehr schaffen. Wer können die Nachfolger*innen sein? Die Babyboomer-Generation steht kurz vor Renteneintritt oder ist gerade in Rente gegangen. Das ist eine große Anzahl von hochqualifizierten Menschen. Wie können wir die für unsere Arbeit begeistern und so neue Ehrenamtliche gewinnen? An manchen Stellen sind wir noch ratlos. Deshalb haben wir uns entschlossen, dass wir eine Kommunikationskampagne gemeinsam mit dem Kommunikationsprofi Erik Flügge in Angriff nehmen, den wir 2019 bei unserer Fundraising-Studienfahrt kennengelernt haben. Wir haben ihn gebeten, uns einen Spiegel vorzuhalten – und uns auf einen guten Weg zu bringen.
Wie hat er Euch überzeugt?
Ulrike Gödeke: Er hat uns zum einen erklärt, wie man Menschen über Emotionen und Storytelling erreicht und begeistert. Das hat er uns an einer Playmobil-Packung deutlich gemacht: Auf der Rückseite der Verpackung sind die Inhalte aufgelistet: ein Männchen, ein Boot, eine Schlange … – als Info für die Eltern. Vorne auf der Packung wird die Geschichte erzählt – die Kinder sind begeistert! Erik hat uns klar gemacht, dass wir die Babyboomer, die bald in Rente gehen, früh genug erreichen müssen. Sonst ist ihre freie Zeit schon mit anderen Aufgaben verplant. Wir müssen diese Menschen aktiv ansprechen. Sonst ist es zu spät. Insbesondere für den Bereich Rechtliche Betreuung brauchen wir keine „klassischen“ Ehrenamtlichen. Wir brauchen Leute, die gerne Anträge ausfüllen oder mit Behörden arbeiten. Vielleicht ist das der einstige Buchhalter oder die ehemalige Sparkassenangestellte. Wir sollten gezielt Berufsgruppen ansprechen.
Erik Flügge hat Sie also auch beraten, wie Sie diese Zielgruppen erreichen können?
Ulrike Gödeke: In der Tat! Wir haben Anfang 2020 gemeinsam mit ihm Personas herausgearbeitet: Wie sehen die für uns idealtypischen ehrenamtlichen Betreuer*innen aus? Welche Klamotten tragen sie? Welche Musik hören sie? Wo kaufen sie ein? Anhand dieser Bilder, die wir gemeinsam entwickelt haben, er-arbeitet er gerade mit uns eine Kommunikationskampagne.
Was tut der SKM-Diözesanverein Freiburg schon jetzt für seine ehrenamtlichen Mitarbeitenden?
Ulrike Gödeke: Seit einiger Zeit arbeiten wir an Hilfsmitteln für unsere ehrenamtlichen Vorstände. Mittlerweile haben wir einen Pool ausgebildeter Moderator*innen. Ursprünglich ging es uns darum, strukturierter in eine Legislaturperiode zu starten. Wir wollten Ziele und nächste Schritte festlegen, die eine strukturiertere Vorstandsarbeit ermöglichen. Mittlerweile haben wir unser Angebot erweitert, weil es bei den Vereinen, die das Angebot nutzen, richtig positive Effekte hervorruft. Nicht alle Vereine nutzen dieses Angebot. Aber die, die es nutzen, rufen es mittlerweile jährlich ab.
Was bringt den Vereinen dieses Angebot?
Ulrike Gödeke: Wir merken, dass es diesen Vereinen damit gut geht – sowohl emotional als auch wirtschaftlich. Sie sind stabiler unterwegs, auch untereinander. Deshalb wird dieses Angebot sehr gut angenommen. Mittlerweile bieten wir über diesen Pool auch Coachings an. Wenn sich zum Beispiel Vorsitzende und Geschäftsführer*innen in einer Krisensituation befinden. Letztendlich vereinfachen wir Ehrenamtlichen mit diesem Angebot den Zugang zu professionellen Arbeitsmethoden.
Welchen Mehrwert hat das Coaching für die ehrenamtliche Arbeit?
Es schafft Struktur: Zum Ende einer solchen Klausur vereinbaren wir klar definierte weitere Schritte. Wir vereinbaren Zuständigkeiten und realistische Ziele. Wir treffen Vereinbarungen. Dinge, die besprochen und reflektiert werden, können umgesetzt werden. An dieser Stelle spreche ich aus eigener Erfahrung. Auch ich nutze das Angebot. Erstmalig haben wir unser Coaching-Angebot auf unserer Mitgliederversammlung 2019 vorgestellt.
Welchen Plan verfolgt die Erzdiözese Freiburg, um sich finanziell abzusichern?
Ulrike Gödeke: Wir machen uns fit zum Thema Fundraising. 2019 haben wir zum dritten Mal eine Fundraising-Studienfahrt gemacht. In Köln haben wir den Verein „Sack e.V.“ besucht. Der Verein versorgt arme Menschen gegen Ende des Monats mit Jutebeuteln. Die sind mit Lebensmitteln gefüllt. Sack e.V. finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Fundraising-Mitteln, jeden Monat braucht er knapp 20.000 Euro. Das Team hat uns berichtet, wie sie diese Gelder gewinnen. In Köln-Vingst haben wir dann noch den Pfarrer Franz Meurer besucht, dem 2015 der deutsche Fundraising-Preis verliehen wurde. Mit aller Macht kämpft er dafür, dass sein Kölner Problemstadtteil nicht vergessen wird. Er hat seine Kirchentüren ganz weit geöffnet, hat viele, viele Schlüssel rausgegeben und sagt: „Jeder, der sich hier für das Wohl der Menschen in diesen Stadtteilen engagieren will, kann das unter meinem Dach tun.“
Welchen Mehrwert außer den finanziellen hat Fundraising?
Ulrike Gödeke: Wir müssen den SKM stärker in der Gesellschaft, in einer Kommune, in einem Ort sichtbar machen. Die Menschen sollen wissen, welche Aufgaben wir vor Ort leisten. Es gibt viele Menschen, die ihr Geld vor Ort spenden möchten. Die SKM-Vereine sind verdammt nah dran. Wir kümmern uns um Menschen in der unmittelbaren Nachbarschaft. Wenn Menschen das wissen, sind sie bereit, uns zu unterstützen. 2019 haben wir den Hilfsfond „Hoffnungsschimmer“ aufgebaut. Es gibt immer wieder Situationen, in denen Menschen schnell Geld brauchen: zum Beispiel Familien von Strafgefangenen. Davon sind Kinder in unserer Stadt betroffen, deren Väter in Haft sitzen. Da fällt auf einmal der Hauptverdiener weg. Diesen Menschen helfen wir – schnell und unbürokratisch. Das sind wahre Geschichten, die beweisen: Es lohnt sich für den SKM zu arbeiten, haupt- wie ehrenamtlich. Und es lohnt sich, zu spenden.